Steuersünder-CD kaufen oder nicht?


Da derzeit über diese Frage so viel Unsinn geschrieben und gesagt wird, dass es weh tut, fühle ich mich genötigt, meine Einsichten zu diesem Thema öffentlich zu machen.

Es gibt keine schmerzfreie Lösung

Ob der Staat die CD kauft oder nicht, er wird sich in jedem Fall dem Vorwurf der Begünstigung von Straftätern ausgesetzt sehen. Da die Zeichen derzeit auf "Kaufen" stehen, werfen die Gegner des Kaufs dem Staat Komplizenschaft mit einem "Datenräuber" und "Datenhehlerei" vor. Die Verblödung durch ständiges Gerede von "geistigem Eigentum" hat offenbar dazu geführt, dass viele glauben, man könne Daten stehlen. Die Daten sind aber noch bei der Bank, und für immaterielle Güter gelten die Paragraphen für Diebstahl, Raub, Hehlerei und andere Eigentumsdelikte nicht. Das kann man heutzutage offenbar nicht häufig genug wiederholen.

Legalität des Ankaufs

Darf der Staat mit Kriminellen Geschäfte machen? Rechtlich gesehen ja, und er tut es ständig. Er kann auch an Entführer Lösegeld zahlen, Taliban durch Schutzgelder ruhigstellen und Informationen von Landesverrätern ankaufen. Bei der Strafverfolgung gilt zwar grundsätzlich das Legalitätsprinzip, doch in Ausnahmefällen wie diesem kann auch das Opportunitätsprinzip zur Anwendung kommen und von der Verfolgung des "Verräters" abgesehen werden.

Schutz der Privatsphäre

Es wird auch immer wieder behauptet, dass der Staat mit dem Ankauf der Daten seine Bürger ausspähe und unzulässig in deren Privatsphäre eindringt. Das ist im Fall von Steuererhebungen grundsätzlich der Fall, doch aus dieser CD erfährt der Staat nur Dinge, die ihm ohnehin aus den Steuererklärungen bereits bekannt sein müssten. In diesem Fall gibt es noch einen interessanten Twist: Da es in Deutschland das Steuergeheimnis gibt, werden durch den Ankauf der CD diese Daten unter den Schutz des Steuergeheimnisses gestellt und die betreffenden Personen vor Erpressung oder einer Veröffentlichung der Daten in der Presse geschützt.

Zulässigkeit der Beweisverwertung

In Deutschland gibt es im Gegensatz zu den USA nur wesentlich schwächere Beweisverwertungsverbote, etwa, wenn eine Aussage durch Folter zustande gekommen ist. Aus amerikanischen Filmen kennt man auch hierzulande die "Doktrin von den Früchten des vergifteten Baumes", mit der im Gegensatz zu Deutschland beispielsweise eine illegale Durchsuchung ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht.

Doch wer glaubt, in den USA würde in diesem Fall die "Doktrin von den Früchten des vergifteten Baumes" greifen, der irrt: Ausgerechnet Steuersachen sind in den USA von dieser Doktrin explizit ausgenommen, genauso wie Bewährungs- und Abschiebeverfahren.

Es gibt Stimmen insbesondere von Rechtswissenschaftlern, die in einem ähnlichen Fall aus dem Völkerrecht heraus ein Beweisverwertungsverbot herleiten. Das ist zwar eine nette akademische Übung, aber in einem konkreten Verfahren mit dem Völkerrecht zu argumentieren, ist meist ähnlich schwierig, wie vor dem Amtsgericht die Verfassung ins Spiel zu bringen, denn völkerrechtlichen Normen fehlt es oft an Bestimmtheit und Einklang mit nationalem Recht.

Die oben verlinkte Argumentationskette ist sehr lang und weist damit sehr viele potentielle Bruchstellen auf. Sie zieht zudem in wesentlichen Teilen das Völkervertragsrecht heran, das auf gleicher Stufe mit deutschem Bundesrecht steht und nicht etwa darüber.

Der Artikel zeigt exemplarisch den allgemeinen Zustand, dass in der Rechtswissenschaft die "Doktrin von den Früchten des vergifteten Baumes" große Zustimmung findet, während sie in der deutschen Rechtspraxis kaum zur Anwendung kommt. Richter sind in der Regel keine Rechtswissenschafler und bevorzugen es verständlicherweise, konkrete und unmittelbare Rechtsnormen anzuwenden, statt komplexe Schlüsse zu ziehen und sich in Tiefen der Adaption und Transformation des Völkerrechts hinein zu begeben.

Da würde es nur helfen, die "Doktrin von den Früchten des vergifteten Baumes" ausdrücklich in der deutschen Strafprozessordnung zu verankern, damit diese auch zur Rechtspraxis wird.

In diesem Fall kommt noch hinzu, dass die Informationen auf der CD gar nicht im Steuerstrafverfahren benötigt werden, denn bei konkretem Verdacht kann die Staatanwaltschaft sich die Informationen direkt von der ausländischen Bank besorgen und wird diese dann im Verfahren einsetzen. Es darf auch damit gerechnet werden, dass die meisten betroffenen Steuersünder geständig sein werden, um die Strafe zu reduzieren. Die wenigsten Steuersünder sind nämlich hartgesottene Kriminelle und werden bei Androhung von Haft sehr schnell kooperativ.

Strafbarkeit des Datenverrats

Nach deutschen Recht kommt meiner Meinung nach am ehesten § 17 UWG (Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen) zum Tragen, der eine Höchststrafe von fünf Jahren Haft oder eine Geldstrafe vorsieht. Formell handelt es sich dabei also um ein Vergehen, kein Verbrechen.

Das "Ausspähen von Daten" nach einem der "Hackerparagraphen" 202a ist dagegen "nur" mit bis zu drei Jahren Haft strafbar. Der Verrat von Berufgeheimnisträgern, zu denen der Mann aber nach deutschem Recht vermutlich nicht gehört, wird dagegen sogar nur mit zwei Jahren Haft bestraft.

Urteilt man nach Schweizer Recht, so wird dort der Verrat von Bankgeheimnissen erstaunlicherweise nur mit bis zu sechs Monaten Haft bestraft.

Strafbarkeit von Steuerhinterziehung

In Deutschland kann Steuerhinterziehung nach §370 AO mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden, wobei unter 1 Million Euro hinterzogener Steuern in der Regel eine Geldstrafe oder Bewährungsstrafe ausgesprochen wird.

In der Schweiz gibt es die Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug. Steuerhinterziehung nach Art. 175 DBG wird nur mit Geldstrafe zwischen einem Drittel und dem Dreifachen der hinterzogenen Summe betraft. Steuerbetrug nach Art. 186 DBG ist, wenn Steuern mittels gefälschter Dokumente verkürzt werden und kann mit Gefängnis bestraft werden.
Wer aber einfach nur ein Konto verschweigt, kann allenfalls wegen Steuerhinterziehung bestraft werden und braucht in der Schweiz keine Haftstrafe zu befürchten.

Bankgeheimnis

Im deutschen Strafprozessrecht gehört das Bankgeheimnis nicht zu den Berufsgeheimnissen, und Bankangestellte haben in Strafverfahren kein Zeugnisverweigerungsrecht. Wäre die Bank eine deutsche Bank, könnten die Steuerbehörden einfach eine Kontenabfrage durchführen, allerdings dürfen sie nicht einfach die Konten aller Bankkunden durchsehen, um nach Verdächtigen zu suchen. Sprich: Auch in Deutschland dürften Strafverfolger nicht einfach durch alle Bankkonten pflügen, insofern wäre es wohl unzulässig, die Daten auszuwerten, wenn es sich um zufällige Kundendaten einer deutschen Bank handeln würde. Hier müsste ein zusätzliche Kriterium vorliegen, dass der Datenauswahl zugrunde liegt und einen Verdacht begründet.

Sogar die Meldungen nach dem Geldwäschegesetz gehen normalerweise nicht an den Staat. Jede Bank muss bei allen Geldbewegungen ab 15.000 Euro den Einzahler oder Empfänger identifizieren und die Unterlagen fünf Jahre aufbewahren. Eine Mitteilung an Behörden erfolgt aber nur in dringenden Verdachtsfällen in Form einer Anzeige.

Auslandskonten

Auch im Falle von Auslandskonten können deutsche Behörden mittlerweile in der Schweiz und in Luxemburg Konteneinsicht erlangen, das ist aber an eine Vielzahl von Auflagen geknüpft und recht umständlich. Ein Anfangsverdacht dürfte da nicht ausreichen.

Die meisten anderen Länder hingegen melden die Konten ausländischer Inhaber automatisch an das heimische Finanzamt. Seit Mitte 2005 gilt die Zinsrichtlinie in rund 50 Ländern. Kassieren deutsche Anleger etwa in den Niederlanden oder in Dänemark auch nur einen Euro Zinsen, wird die Bankverbindung für den heimischen Fiskus transparent. Die Schweiz, Liechtenstein oder Luxemburg behalten eine anonyme Quellensteuer ein. Die wird erstattet, wenn Anleger ihre Auslanderträge in der Steuererklärung deklarieren. Die Zahlung von Quellensteuer dürfte aber nur dann vom Vorwurf der Steuerhinterziehung befreien, wenn der Quellensteuersatz nicht niedriger ist als der resultierende persönliche Steuersatz.

Zweck von Auslandskonten

Was ist der Zweck von Auslandskonten? Für deutsche Staatsbürger macht es in den meisten Fällen wirtschaftlich keinen Sinn, Geld im Ausland zu parken. Andererseits gibt es eine Vielzahl legitimer Gründe für ein Auslandskonto, auch für ein anonymes Konto. Da wäre zum einen die Vorsorge für den Fall, dass in Deutschland die staatliche Ordnung zusammenbricht oder man sich etwa politischer Verfolgung ausgesetzt sieht. Das ist derzeit zwar höchst unwahrscheinlich, auf lange Sicht aber nicht vollkommen ausgeschlossen. Das dritte Reich liegt noch nicht so lange zurück.

Auch die Angst vor Krieg, Atom- oder Naturkatastrophen kann es zweckmässig erscheinen lassen, Teile seines Vermögens im Ausland zu haben. Des Weiteren kann es sinnvoll sein, wenn sich jemand längere Zeit im Ausland aufhält oder international tätig ist. Die Existenz eines Auslandskontos allein kann also keinen Verdacht begründen, und auch für das Geheimhalten eines solchen Kontos gibt es legitime Gründe, die nichts mit Steuerhinterziehung zu tun haben müssen, etwa die Furcht vor staatlicher Willkür. In England etwa wurde unter Thatcher die Minenarbeitergewerkschaft mit geheimdienstlichen und verwaltungrechtlichen Mitteln bekämpft und Gewerkschaftsvermögen eingefroren. In Deutschland gibt es auch keine absolute Garantie, dass nicht eines Tages Staatsanwälte oder Finanzbeamte gegen politisch unbequeme Personen vorgehen. Hier gibt es leider genügend Beispiele, die Anlass zur Sorge geben. Auch entspricht der Anteil an Kriminellen in Politik und Beamtenschaft dem Bevölkerungsdurchnitt, es gibt also keinen Grund zur Annahme, dass das alles ehrliche Saubermänner sind, auch wenn das Problem in Deutschland im internationalen Vergleich beinahe vernachlässigbar ist. Aber eben nur beinahe vernachlässigbar, nicht vollkommen.

Eine andere Frage ist, ob es möglich ist, ausländische Zinserträge einfach beim Finanzamt zu deklarieren, ohne die Konten offenlegen zu müssen. Theoretisch sollte das gehen, in der Praxis dürfte man sich damit aber dem Risiko von Ermittlungen oder tiefergehenden Untersuchungen aussetzen. Außerdem kann man dann die bereits gezahlte Quellensteuer nicht geltend machen.

Insofern erscheint mir die gegenwärtige Regelung ungerecht, da es trotz berechtigter Gründe in vielen Fällen keine vernünftige Möglichkeit gibt, legal ein anonymes Auslandskonto zu unterhalten, wenn man die Einkünfte daraus versteuern möchte.

Andererseits dürfte fraglos feststehen, dass eine grosse Zahl von Auslandskonten zur Hinterziehung von Einkommens- oder Erbschaftssteuern, Umgehung von Zahlungsverspflichtungen, Entgegennahme von Bestechungsgeldern oder der Verschleierung illegaler Einkünfte dient. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass alles der Kontrolle unterworfen werden muss, denn mit derselben Begründung könnte man sonst verdachtsunabhänge Personenkontrollen und Hausdurchsuchungen rechtfertigen oder  bestimmte Berufsgruppen oder soziale Gruppen unter Generalverdacht stellen, beispielsweise Politiker, Unternehmensführer oder Grossverdiener. Hier sind entsprechende Tendenzen bereits zu beobachten.

Kronzeugenregelung und Whistleblowing

Im Bereich der Geldwäsche etwa gibt es eine besondere Kronzeugenregelung, doch die greift in diesem Fall eher nicht, denn der Lieferant der Daten verlangt ja Geld. Ebenso kann er nicht als "Whistleblower" gelten, dafür fehlt das Merkmal der Selbstlosigkeit.

Ordnungspolitische Sicht

Die harte Verfolgung von Steuersündern stellt einerseits die Wettbewerbsgleichheit in der Wirtschaft sicher, andererseits ist sie ein Standortnachteil, wenn es andere Länder gibt, in denen Steuerhinterzieher Zuflucht für sich und ihr Geld finden. Im schlimmsten Fall kann das dazu führen, dass vermögende Deutsche ganz in die Schweiz umsiedeln. Diejenigen, die bisher aber ohnehin ihre Steuern verkürzt haben, wären für das Land ein erträglicher Verlust.

Die Rolle der Schweiz und anderer Steueroasen

Es mag lobenswert sein, dass ein Land wie die Schweiz bei der Erhebung von Steuern ein gänzlich anderes Verhältnis zu seinen Bürgern pflegt, und meinetwegen kann die Schweiz gerne völlig auf die Erhebung von Steuern verzichten, wenn sie möchte. Was ich aber als geradezu kriminell empfinde ist, dass die Schweiz mit ihrer Gesetzgebung massiv die Souveränität anderer Länder untergräbt, indem sie in großem Stil Steuerhinterziehern und korrupten Verbrechern aus aller Welt eine Heimat für schmutziges Geld bietet und daran sehr gut verdient. Die scheinheilige Empörung der SVP über den aktuellen Fall ist einfach nur zum Kotzen, und wer mit den Details der Rundum-Sorglos-Steuerhinterziehungspakete von Schweizer Banken für Ausländer vertraut ist, kann das Ausmaß organisierter Kriminalität dahinter nicht übersehen. Ich hätte nichts dagegen, wenn Deutschland die Geldanlage bei einer Schweizer Bank durch Nichtschweizer zu einem Straftatbestand machen würde. Das gilt im übrigen auch für andere Steueroasen.

Moralisch-ethische Betrachtung

Die Kernfrage ist: Soll ein Staat grundsätzlich Geschäfte mit Kriminellen ablehnen? Einiges spricht dafür, denn der Staat hat auch eine Vorbildfunktion, und die Ächtung kriminellen Verhaltens ist eine wichtige Grundlage gesellschaftlichen Zusammenlebens.

Außerdem sollte möglichst der Eindruck aufrecht gehalten werden, dass sich Kriminalität nicht lohnt, selbst wenn das pauschal nicht stimmt.

Letztlich gibt es bei diesem Dilemma keine gute Lösung. Verzichtet der Staat auf den Ankauf, setzt er sich dem Vorwurf aus, Steuerhinterzieher laufen zu lassen. Die entgangenen Millionen fehlen etwa bei Kindergärten, Schulen und Hochschulen, Sozialleistungen, beim Straßenbau, der Verwaltung, der Polizei, der Feuerwehr, bei der Bundeswehr und der Bankenrettung (um nicht nur unumstrittene Ausgaben aufzulisten), oder die Gelder müssen durch höhere Steuern von allen ehrlichen Steuerzahlern aufgebracht werden, oder durch höhere Verschuldung in die Zukunft verlagert werden.

Hinzu kommt auch noch, dass es nicht gerade Schwache oder Hilfsbedürftige trifft, sondern Menschen, die so vermögend sind, dass sie das Geld offenbar nicht zur Deckung ihres Lebensunterhalts benötigen und damit auch nicht wirtschaftlich aktiv sind.

Des Weiteren fördert der Ankauf dieser Daten die Steuerehrlichkeit und entfaltet eine nicht unerhebliche abschreckende Wirkung auf potentielle Steuerhinterzieher, er senkt also die Steuerkriminalität.

Umgekehrt ist der Anreiz, den der Ankauf auf Datenverbrecher ausübt längst nicht so hoch, denn erstens gibt es nur wenige Leute, die überhaupt die Möglichkeit dazu haben, und zweitens ist das Risiko, Opfer von Vergeltungsaktionen zu werden oder anderweitig damit auf die Nase zu fallen, enorm. Wer so eine Aktion durchzieht, muss sich darauf einstellen, ein neues Leben im Ausland zu führen und alle bisherigen sozialen Beziehungen für immer aufzugeben. Das ist wesentlich unangenehmer als die staatliche Strafandrohung.

Persönliches Ergebnis der Abwägung

Auch wenn es nicht gut riecht, unter beiden schlechten Alternativen erscheint mir der Ankauf als das geringere Übel, denn er führt im Endergebnis zu weniger Kriminalität und mehr Gerechtigkeit.

Politische Forderungen

Die Zwickmühle und der heftige Streit darüber zeigen, dass es in Deutschland an brauchbaren gesellschaftlichen Normen und einem regulativen Rahmen fehlt, der die berechtigten Interessen aller Menschen im Land schützt.

Die Verwendung von illegal erlangtem Beweismaterial sollte in Deutschland ähnlich wie in den USA grundsätzlich nicht zulässig sein, da sind uns die Amerikaner im Rechtsbewusstsein voraus, wenn auch nicht in Steuersachen. Die amerikanische Steuerbehörde IRS verfügt über beinahe totalitäre Vollzugsmacht. Ein umfassendes Beweisverwertungsverbot könnte ein ähnliches Dilemma vermeiden helfen, aber nur dann, wenn nicht wie in den USA Steuertatbestände ausgenommen wären.

Des Weiteren bedarf es einer Möglichkeit, Geld im In- und Ausland anonym anzulegen und gleichzeitig den deutschen Fiskus wissen zu lassen, dass es ordentlich versteuert ist. Hier wäre etwa eine Anhebung der Quellensteuer auf den Spitzensteuersatz des Heimatlandes eine mögliche Option, eine gleiche Regelung könnte für Erbschaften greifen. Ein solches Auslandsvermögen könnte dann auch im Inland einem gesetzlichen Geheimnisschutz unterliegen und wäre deklarationsfrei. Das Gastland überweist dann als Ganzes die eingesammelten Steuern an das Heimatland, ohne die Namen der Kontoinhaber preiszugeben.

So wie es jetzt ist und abläuft, wird diese Sache bei vielen Menschen einen unangenehmen Beigeschmack hinterlassen, egal ob angekauft wird oder nicht.


12 Antworten zu “Steuersünder-CD kaufen oder nicht?”

  1. Guter und ausgewogener Artikel, der die wesentlichen Aspekte anspricht.

    Wenn möglich, bitte noch die fehlende Gültigkeit bundesdeutscher Gesetze – hier §1 EStG – in der Schweiz und das Fehlen eines bilateralen Abkommens zwischen der Schweiz und der BRD einbauen.

  2. Ein Aspekt fehlt: Der Einfluss auf das Verhältnis zum Nachbarstaat Schweiz.

    Und hier hat die Medaille zwei Seiten.
    a) Die Schweiz ist sauer, schaltet auf stur und reduziert die Kooperation. Der Schaden könnte die durch die CD generierten Einnahmen überwiegen.
    Für den eiskalt abgebrühten und gut organisierten Steuerhinterzieher wär das sogar bei Datenschwund günstiger. Dann findet man keine vergifteten Früchte und die CD selbst dürfte als alleiniger Beweis unbrauchbar sein.

    b) Man erpresst damit faktisch die Schweiz. Wenn ihr nicht kooperieren wollt, es gibt bei Euch genug Freiwillige, die das für kleines Geld (und trotzdem deutlich mehr als ihren Bänkerlohn) tun.
    An der Stelle kann man ja mal am Beispiel SWIFT eine andere Blick auf Kontendatenweitergabe werfen. Auch wenn Erpressung sich böse anhört, ist das unter Opportunitätsgesichtpunkt ein Pro-Ankauf Argument.

    Die Forderung schon das Auslandskonto zum Straftatbestand zu machen, wundert mich gerade nach der Überlegung vorher. So ein Verbot gab es ja schon mal (nicht unbedingt aus fiskalischen Gründen) und dessen Missachtung hat meinem Großvater vor rund 70 Jahren eingebracht -falsches Ausland, nicht die Schweiz.

  3. @5zjunge: Das mit dem Auslandskonto als Straftatbestand war nicht als Forderung gemeint; es war speziell auf die Schweiz gemünzt, deren Banken das dortige System seit vielen Jahrzehnten mit hoher krimineller Energie und staatlicher Rückendeckung dazu nutzen, sich an einer Vielzahl von Verbrechen gegen viele Millionen Menschen in aller Welt bereichern, und Steuerflucht ist da das geringste Problem. Derzeit lagert nicht nur viele Milliarden der russischen Mafia in der Schweiz, die Schweiz ist nach wie vor Endstation gewaltiger Schwarzgeldmengen. Wird Schwarzgeld aufgrund erwiesener Geldwäsche beschlagnahmt, tut sich die Schweiz daran auch noch gütlich.

    Es gibt sogar ein Bundesgesetz dazu, wer wie viel von der Beute behalten darf: „3/10 gehen immer an den Bund, 5/10 an den Kanton, der die Gelder eingezogen hat, 2/10 an den Standortkanton (dort wo die Gelder gelagert sind). Wenn der Bund Gelder eingezogen hat, erhält er 8/10. Wenn der Kanton, der einzieht, mit dem Standortkanton übereinstimmt, erhält er 7/10. Verteilt wird der Nettobetrag (nach Abzug von Verfahrenskosten, usw.).“

    Die Opfer der Kriminellen im Ausland gehen in der Regel leer aus, nur wenige Kantone haben eine Zweckbindung der Gelder für Opferentschädigung.

    Unter dem Strich aber bleiben die meisten ausländischen Kriminellen unbehelligt, solange sie sich nicht zu ungeschickt anstellen.

    Das ist der Hintergrund meines zornigen Abschnitts zum Thema Schweiz und anderen Geldoasen.

  4. „werden durch den Ankauf der CD diese Daten unter den Schutz des Steuergeheimnisses gestellt und die betreffenden Personen vor Erpressung oder einer Veröffentlichung der Daten in der Presse geschützt.“

    Ah, der Autor glaubt also an die Dinglichkeit der Daten. Dann könnte man sie ja tatsächlich „stehlen“…

    Lustig ist, dass in den Fernsehnachrichten zu dem Thema immer wieder gezeigt wird, wie eine CD in einen Laptop eingesetzt wird. Die ständige Wiederholung scheint hier das Denken zu prägen.

  5. Wie genau begründest Du eigentlich, dass die „Frucht vom verbotenen Baum“ bei Kinderschändung verboten sein soll, aber bei Steuerdelikten erlaubt? Wenn Du schreibst „Die amerikanische Steuerbehörde IRS verfügt über beinahe totalitäre Vollzugsmacht.“, meinst Du das dann positiv?

  6. Ich bin begeistert von deinen Artikeln – wenn sie noch Quellenangaben enthalten würden, wären sie perfekt.. 😉

  7. @Oberlehrer: Wenn das Finanzamt bereits im Besitz der Daten ist, ist eine Erpressung wenig aussichtsreich, und eine Presseveröffentlichung dürfte dann ebenfalls problematisch sein. Des weiteren gehe ich davon aus, dass der „Vertrag“ über den Datenankauf gewisse Regelungen zur „Exklusivität“ enthält, so dass sich der Verkäufer bei einer Weitergabe dem Risiko einer Verfolgung oder Enttarnung ausgesetzt sähe. Nach einem derartigen Deal liegt es also im Interesse des Verkäufers, höllisch gut auf die sicher existierenden Kopien aufzupassen.

    @Bob: Nein, ich meine das negativ, und für den Ausschluss der Verwendung der “Früchte des verbotenen Baums” sollte es keine Ausnahmen geben. Ich konstatiere nur, dass sich selbst die USA nicht um Prinzipien scheren, wenn es um Steuern geht.

    Wenn es aber dieses Prinzip nicht gibt, dann findet sich eine Regierung in solchen Fällen im Dilemma wieder. Eine Alternative könnte natürlich auch so aussehen, dass ein Steuerdenunziant nach festgelegten Regeln am Gewinn beteiligt wird, dann wäre der Fall auch klar. Eine derartige Regelung lehne ich aber persönlich ab, denn dadurch würde im Gegensatz zur bestehenden Einzelfallbetrachtung, die dem Staat und dem Denunzianten die Überwindung hoher Hürden abverlangt in der Tat ein Dammbruch erfolgen, der eine massive gegenseitige Bespitzelung und hohes Misstrauen in der Gesellschaft nach sich ziehen würde. In einem solchen Fall würde meine Abwägung anders ausfallen, denn dann könnte das Ausmass des Unrechts beim Datenverrat das Ausmass des Unrechts durch Steuerhinterziehung rasch übersteigen.

  8. Eine solche ausgewogene Sicht der Dinge findet man in der aktuellen Diskussion leider sehr selten. Von daher Lob und Dank.

    Ergänzend mag man vielleicht noch den Aspekt festhalten, dass die ganze Angelegenheit in aller Ausführlichkeit öffentlich breitgetreten wurde – die Betroffenen hatten also alle Zeit der Welt, sich vorher beim Finanzamt zu melden und damit Straffreiheit zu erlangen. Mit einer solchen „Fairness“ hat jemand, der beispielsweise illegal etwas downloaded, in der Regel nicht zu rechnen.

  9. Zu „Schutz der Privatsphäre“:
    Der Staat weiß zwar mit meiner Steuererklärung wie viel Geld ich verdient habe, aber wie viel davon noch übrig ist und wo ich das parke, bleibt allein MIR überlassen. Wir hatten hier über Jahrzehnte in Deutschland ein funktionierendes Bankgeheimnis, welches nur ein Gerichtsvollzieher bei Pfändungen umgehen konnte. Mit dem Ankauf von Steuer CD´s greifen wir in der Schweiz tiefer in die Konten, als wir es uns bei deutschen Konten je erlauben würden.

  10. Der Artikel geht auf das zentrale Problem nicht ein. Der Vorwurf lautet, nach Artikel 273 des Schweizer Strafgesetzbuches, „Wirtschaftlicher Nachrichtendienst“. Die Bundesanwaltschaft behauptet dafür Beweise zu haben. Das wäre unter Umständen auch in Deutschland Strafbar (wäre merkwürdig wenn nicht):
    http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/schweiz-deutschland-steuerstreit-bundesanwalt-1.16236369
    http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/SMS-sollen-deutsche-Steuerfahnder-belasten/story/22783063

    Deutschland verschleppt seit Monaten das Amtshilfegesuch in der Hoffnung das Abkommen werde unterzeichnet und das Gesuch zurückgezogen, welches laut Abkommen hinfällig wird. Dieses Verschleppen ist:
    1) ein Zeichen, dass die Vorwürfe nicht aus der Luft gegriffen sind
    2) ein ungehöriger Vorgang der ein Staat der von sich behauptet ein Rechtsstaat zu sein das nicht ewig ohne Imageschaden durchziehen kann

    Unabhängig davon ob der Ankauf und die mutmassliche Wirtschaftsspionage nun rechtens ist oder nicht, stellt sich die Frage ob man sich wirklich mit verurteilten Geldwäschern, Wirtschafts-Spionen und mutmasslichen Steuerhinterziehern (Sie glauben wohl kaum das die Leute, welche für Geld spioniert haben dieses Geld versteuern?) ins Bett legen will.

    Aber in Deutschland scheinen da ja viele Berührungsängste in den letzten Jahren verschwunden zu sein. Nach Bundeswehreinsätzen im Innern und Krieg im Ausland, Vorratsdatenspeicherung obwohl widerrechtlich, einem ungültigen Wahlgesetz und Invasions-Rhetorik kommt es auf Wirtschaftsspionage auch nicht mehr drauf an.

  11. M.E. gelungener und ausgewogener Artikel, der auch sauber zwischen Sachverhalt und Meinung trennt.
    Mich beschämt (nicht beim Autor, sondern bei Gesellschaft und Parteien) nur das anscheinend in der Zwischenzeit nichts für eine Besserung der Umstände unternommen wurde.

    WW
    Basispirat
    NRW