Die folgenden zehn Thesen sind eine Antwort auf die vierzehn Thesen, die Innenminister Thomas de Mazière am 22.6.2010 veröffentlicht hat. Im Gegensatz zu den Thesen von de Mazière, bei denen es sich nicht um falsifizierbare Thesen im wissenschaftlichen Sinn handelt, sondern um mehr oder weniger aus den Fingern gesogene Leitsätze, erheben die folgenden Thesen den Anspruch, untermauert oder widerlegt werden zu können.
Ich habe diese Thesen auch im Rahmen meiner Arbeit in der Piratenpartei als Gegenposition der Piratenpartei vorgeschlagen. Es gibt des Weiteren einen Podcast, in dem ich mit Maha die Thesen von de Mazière kritisiere und die folgenden Thesen kommentiere und in den Grundzügen vorstelle.
Zehn Thesen zur Netzpolitik
These 1 – Im Netz entscheidet sich die Zukunft
Das Industriezeitalter ist vor dreißig Jahren zu Ende gegangen. Derzeit erleben wir das Ende der Dienstleistungsgesellschaft. Das Informations- und Wissenszeitalter hat längst begonnen, und das Netz ist der Boden der Informationsgesellschaft. Auf diesem Boden werden Freundschaften geschlossen, Ehen angebahnt, Streitigkeiten ausgefochten, Verbrechen begangen und Informationskriege geführt. Aus der Welt des Netzes heraus werden globale Geld- und Warenströme gesteuert, automatisiert Kredite vergeben und Geschäfte getätigt. Im Netz entscheiden sich die Geschicke der materiellen Welt.
Die Forderung daraus: Das Netz braucht oberste politische Priorität.
These 2 – Das Netz verlangt nach Wahrhaftigkeit, Offenheit und Transparenz
In der Informationsgesellschaft helfen keine frommen Sprüche. Misst man die Grundsatzprogramme der politischen Parteien an der politischen Realität, so scheinen Werte wie Freiheit, Solidarität, Brüderlichkeit, Respekt und gegenseitige Rücksichtnahme zu hohlen Phrasen verkommen. Nehmen die etablierten Parteien diese Begriffe im Zusammenhang mit dem Netz in den Mund, so gibt das Anlass zu schlimmsten Befürchtungen. Das Netz reagiert allergisch auf Neusprech und Phrasen, denn es ist ein in weiten Teilen automatisiertes informationsverarbeitendes System, das am besten funktioniert, wenn Informationen so präzise und zutreffend wie möglich sind. Lügen, Propaganda und Vertuschungsversuche sind aus Sicht des Netzes primär Störquellen. Das Netz belohnt diejenigen Gruppen, Organisationen und Individuen, die es offen und transparent mit zutreffenden Informationen füttern.
Die Forderung daraus: Politik in Zeiten in der globalen Informationsgesellschaft muss maximal offen und transparent sein.
These 3 – Das Netz ist privater und öffentlicher Lebensraum von Menschen
Die jüngeren Menschen sowie jene, die mit der Zeit gegangen sind, begreifen das globale Netz als selbstverständlichen Teil ihres persönlichen Lebensraums. Dieser Lebensraum ist für sie so real und so bedeutend wie die Häuser, in denen sie wohnen, die Straßen, auf denen sie sich bewegen, und die Städte, in denen sie leben. Das Netz ist nicht einfach eine Infrastruktur, es ist eine Welt, in der Menschen leben und oft tiefer verwurzelt sind als in ihrer realen Umgebung. Nur wenn Menschen, die in einem Kulturkreis leben, ihr Selbstbestimmungsrecht wahrnehmen können, lässt sich ein Interessenausgleich schaffen, der dauerhaft Unruhen und gesellschaftliche Verwerfungen vermeidet. Wer nicht im Netz lebt, kann für das Netz keine passenden Regeln machen.
Die Forderung daraus: Netzpolitik gehört in Hand der Netzbürger.
These 4 – Das Netz spiegelt die reale Welt, doch es ist von anderer Natur
Im Netz finden wir alles vor, was wir aus der realen Welt kennen. Wir treffen dort auf Kranke und Verrückte, Unternehmen, eine Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Sex, Politik, Propaganda, Journalismus, Verbrechen, Kampf, Gesetze, Polizei, Terroristen und Geheimdienste. Vor allem aber treffen wir dort auf freundliche und hilfsbereite Menschen und eine ungeheure Menge an gesammeltem Wissen, dass jeden von uns befähigt, weit über sich selbst hinauszuwachsen.
Doch nur weil wir auf viel Vertrautes treffen, dürfen wir nicht glauben, dass die Regeln der alten materiellen Welt ein geeignetes Vorbild sind, um die Welt des Netzes zu regulieren, denn das Netz ist von einer anderen Natur. Wir bedienen uns vieler Metaphern, um Phänomene im Netz zu beschreiben, doch Metaphern verhalten sich zur wahren Natur des Netzes wie Landkarten zum Gebiet. Sie bieten Orientierung, sind aber kein Ersatz für die Erfahrung, im Netz zu leben. Im Netz haben unsere Vorstellungen über elementare Merkmale unserer realen Welt keine Gültigkeit. Begriffe wie Raum, Zeit, Nähe, Territorium, Identität, Gewalt, Ressourcen, Freiheit, Arbeit und Eigentum haben im Netz gänzlich andere Bedeutung. Das Netz wird von anderen Gesetzmässigkeiten bestimmt.
Im globalen Netz ist jeder Mensch vom anderen nur eine Zehntelsekunde entfernt, so als säßen wir alle im selben Raum. Im Netz sind wir keine Nachbarn in einem globalen Dorf, wir sind Mitbewohner einer Einraumwohnung. Daran zeigt sich auch die Begrenztheit von Metaphern aus der realen Welt. Das Netz ist ein Raum, wie es ihn in der realen Welt nicht gibt. Es ist unermesslich gross, doch alles kann beliebig nah sein. Eine solche Welt braucht andere Regeln.
Die Forderung daraus: Gesetze der realen Welt dürfen nicht einfach auf das Netz angewendet werden.
These 5 – Das Netz ist eine unerschöpfliche Allmende
Die Güter der materiellen Welt sind begrenzt und erschöpflich. Was der eine Mensch besitzt oder verbraucht, darauf muss der andere verzichten. Immaterielle Güter hingegen können beliebig oft vervielfältigt werden. In der Informationsgesellschaft gibt es keine natürliche Knappheit an immateriellen Gütern. Die Tragödie unserer Zeit besteht jedoch darin, dass mit Gesetzen eine künstliche Verknappung an immateriellen Gütern erzeugt wird. Staaten garantieren umfassende Monopolrechte auf Immaterialgüter, ohne dass es hierfür eine überzeugende Rechtfertigung gibt. Zwar erfordert auch die Herstellung immaterieller Güter zum Teil erheblichen materiellen Aufwand, doch dies rechtfertigt es nicht, die Gesellschaft von der beliebigen Nutzung und Vervielfältigung dieser Güter auszuschließen, wenn die Herstellungskosten mehrfach vergütet wurden.
Die Monopolrechte auf Immaterialgüter wirken wie Handelszölle, doch während Handelszölle nur den Austausch von Waren und Dienstleistungen über Landesgrenzen hinweg beschränken, unterbinden Monopolrechte auf Immaterialgüter die Verbreitung von Wissen und Information innerhalb des Landes.
Die Zukunft wird aber denen gehören, die freien Zugang zum Wissen der Welt haben und die besten Bedingungen schaffen können, dieses Wissen zu vermehren.
Die Forderung daraus: Alle Monopolrechte auf Immaterialgüter müssen auf den Prüfstand.
These 6 – “Kostenloskultur” im Netz ist Ziel und Ergebnis wirtschaftlicher Optimierung
Das Netz ist Brutstätte moderner Geschäftsmodelle, die es möglich machen, wertvolle Dienstleistungen für den Kunden kostenlos zu erbringen, und das ist auch gut und richtig so. Der Trend geht sogar hin zu “Less-Than-Zero-Cost”-Geschäftsmodellen, bei denen die Inanspruchnahme einer Leistung gleichzeitig mit einer Leistungserbringung einhergeht, die Erlösmöglichkeiten für den Nutzer eröffnet. Das freie Betriebssystem “Android” für Mobilfunkgeräte ist ein Beispiel. Das freie Betriebsystem Linux, der Webbrowsers “Mozilla Firefox” und hunderttausende weiterer Projekte sind Beispiele für freie Software, die für den Nutzer nicht nur kostenlos ist, sondern auch von ihm weiterentwickelt werden kann. Das dokumentiert anschaulich, dass “kostenlos” allgemein kein Problem für die Wirtschaft oder die Schöpfer von Immaterialgütern darstellt. Freie Software bietet im Gegenteil viele Vorteile gegenüber kommerzieller Software. Andere Beispiele für wertvolle, kostenlose Dienste sind Wikipedia und OpenStreetMap, bei denen die Leistungen überwiegend ehrenamtlich von den Nutzern erbracht werden und eine Qualität erreichen, die auf kommerziellem Weg nicht erreicht werden kann. Millionen von Blogs, Foren und Ratgeberseiten liefern kostenlose, aktuelle und vielfältige Informationen für Milliarden von Menschen, und kostenlose Suchmaschinen erlauben es, das individuell relevante aufzufinden. Kostenlose E-Mail-Dienste, Kommunikationsdienste wie Twitter und soziale Netzwerke ermöglichen einen kostenlosen Informationsaustausch zwischen Menschen in einer Intensität, wie sie auf Basis kostenpflichtiger Dienste niemals zustande käme. Die Kostenloskultur ist ein wichtiger Pfeiler für den Erfolg des Netzes und aus volkswirtschaflicher Sicht ein großer Gewinn.
Die Forderung daraus: Die Politik muss die Kostenloskultur im Netz fördern und darf sie nicht bekämpfen.
These 7 – Das Netz ist sicherer als die reale Welt
Das Netz ermöglicht es, vielfältige Dinge zu tun, ohne sich Gefahren für Leib und Leben auszusetzen. Man kann Reisen ohne Gefahr von Unfällen, man kann Menschen treffen, ohne sich der Gefahr von Übergriffen auszusetzen, man kann global publizieren, ohne unterdrückt werden zu können, und man kann mit Gleichgesinnten kommunizieren, die tabuisierte Probleme haben, ohne Stigmatisierung befürchten zu müssen.
Für viele Formen der Sicherheit ist jedoch die Möglichkeit der anonymen Teilnahme eine wichtige Voraussetzung. Anonymität erschwert zwar in Einzelfällen eine Verfolgung von Straftaten, doch das Abschaffen von Anonymität zerstört mehr Sicherheit, als sie schafft.
Im Netz geschehen keine Schwerverbrechen. Diese werden in der realen Welt begangen.
Die Forderung daraus: Das Netz braucht keine neuen Straf- und Sicherheitsgesetze.
These 8 – Freier Zugang zum Netz ist ein Menschenrecht
Ohne Zugang zum Netz ist eine vollwertige gesellschaftliche Teilhabe nicht mehr möglich. Einem Menschen den Zugang zum Netz zu verbieten, kommt heutzutage einem Arrest gleich. Wer sich aus finanziellen Gründen keinen Netzzugang leisten kann, ist in der Informationsgesellschaft ein Obdachloser. Wem die Fähigkeiten fehlen, sich im Netz zu bewegen, ist in der neuen Welt ein Behinderter, dem Hilfe zuteil werden muss.
Gerichte erkennen diese Tatsachen allmählich an, doch in den Gesetzen und Verordnungen findet sich davon wenig wieder. Hartz-IV-Empfängern wird von staatlicher Seite noch immer kein Recht auf einen persönlichen Computer und Netzzugang zugestanden.
Die Forderung daraus: Das Recht auf Netzzugang ist ein Menschenrecht und sollte explizit in die Verfassung aufgenommen werden.
These 9 – Das Netz spaltet die Gesellschaft, weil unser Bildungssystem versagt
Das Netz verändert die Gesellschaft mit zunehmender Geschwindigkeit und erzeugt Gewinner und Verlierer. Derjenige, dessen Fähigkeiten gefragt sind, oder der sich gefragte Fähigkeiten schnell genug aneignen kann, gehört vielleicht zu den Gewinnern. Für alle anderen bleiben schlecht bezahlte Arbeit und Sozialleistungen. Heute bereits kostet der Lebensunterhalt eines Menschen mehr, als er mit schlecht bezahlter Arbeit verdienen kann. Diese Schere wird sich weiter öffnen. Die richtige Bildung ist für die meisten Menschen die einzige Chance auf gutes Einkommen; doch was ist die richtige Bildung, wenn sich alles verändert? Nur eines ist bereits gewiss: Das Netz wird zukünftig das wichtigste Mittel für Bildung sein, und Kompetenz im Umgang damit zugleich der wichtigste Zweck. Unser Bildungssystem ist dem nicht gewachsen und versagt. Dass Schüler mehr Netzkompetenz haben als ihre Lehrer, ist keine vorübergehende Kuriosität mehr. Es ist eine dramatische Katastrophe.
Die Forderung daraus: Das Netz erfordert eine radikale Veränderung unseres Bildungsystems – personell, institutionell und inhaltlich.
These 10 – Das Netz ist der Schlüssel zum Abwenden der Katastrophe
Das Zeitalter von billigem Öl als Treibstoff wirtschaftlicher Entwicklung neigt sich dem Ende zu. In weiten Teilen der Welt schreitet die Zerstörung natürlicher Lebensgrundlagen voran, und das Klima verändert sich. Diese Entwicklungen treffen auf eine steigende Weltbevölkerung und eine Industrialisierung bevölkerungsreicher Teile der Welt. Gleichzeitig überaltert die Bevölkerung in den Industrieländen. Es ist absehbar, dass Wirtschaftskrisen und Konflikte um die Verteilung von Energie und Rohstoffen in der Welt das 21. Jahrhundert beherrschen werden, wenn die Politik des 20. Jahrhunderts einfach fortgeführt wird. Milliarden Menschen werden als Folge von Krieg, Hunger, Krankheit sowie Umwelt- und Naturkatastrophen elendig zu Grunde gehen, wenn keine Lösungen gefunden werden.
Das Netz ist die einzige Hoffnung, gemeinsam Lösungen für heute unüberwindlich erscheinende Probleme zu finden und diese Lösungen rechtzeitig weltweit zu verbreiten.
26 Antworten zu “Zehn Thesen”
Danke für die Thesen! Ich teile sie voll und ganz.
Sehr schön gemacht! Eigentlich könnte man diese Thesen direkt in ein Grundsatzprogramm für die PIRATEN gießen. 😉
Sind diese Thesen freigegeben, oder unterliegen sie einem Copyright?
Danke, Pavel!
Diese Thesen haben eine schöne realistische wie innovative Perspektive und verdienen reichlich weitere Diskussion.
Die Kutschenhersteller werden sich natürlich wieder wider den Fortschritt beschweren, aber wir werden auf vernünftigen Argumenten bestehen müssen. Rosstäuscherei gilt nicht!
Vielen Dank für die gelungene Ausarbeitung. Einzig bei These 3 stimme ich Dir nicht ganz zu: Das „Netz“ ist kein „Raum“, also auch kein „Lebensraum“. Das Internet selbst ist nur ein Kommunikationsnetz, auch das, was die meisten als „Netz“ ansehen, also zusätzlich die angeschlossenen Rechner, ist nur Kommunikation und Datenverarbeitung, also ein Werkzeug.
Der „Raum“ dagegen ist das Wohnzimmer, der Arbeitsplatz, die Straße. Dies ist auch ein wesentlicher Grund, warum die immer wieder aufkeimende Diskussion um den „Rechtsfreien Raum Internet“ absolut unsinnig ist.
ein echt fundamentaler beitrag und fortschritt in der diskussion!
Ich mag jeden Versuch, Meinungen auf den Punkt zu bringen. Dies ist so ein Versuch, und ich bin mich sicher, er wird in der Netzwelt für lebhafte Diskussionen sorgen. Vielleicht findet der eine oder andere Punkt sogar Einzug in das Grundsatzprogramm der Piratenpartei! Denn dort müssen die bestehenden Paradigen dringend weiterentwickelt werden, damit auch Offlinern die Möglichkeit gegeben wird, die Partei zu wählen. Wie sollen sonst all die gesellschaftlichen Probleme gelöst werden. Mit dem alten Politikgebaren geht das nicht mehr, das geht nur mit neuer Politik, und für die steht die Piratenpartei.
Ich muss einigen der Thesen zustimmen, einige muss ich leider in ihrer zugespritzten Form ablehnen. Doch in der Art, wie die Replik auf ihr Ursprungsobjekt gerichtet ist, sollten diese Thesen weitläufiger Diskutiert werden.
Vor allem in der Art, in der Menschen über Regulierung zu entscheiden haben, die das Netz nicht leben, nicht verstehen und nicht einmal ansatzweise erfassen können, sollte ihnen mehr als deutlich erklärt werden, dass eine derartige Regulierung weder gewünscht, noch notwendig ist.
Der Grund für rhetorische Versuche das Netz zu kriminalisieren und zu hysterisieren, sind natürlich aus der Sicht der Eliten verständlich. Freie Sprache, freie und unkontrollierbare Kommunikation und Publikation ist eine Gefahr und eine Angst. Ein Ort, an dem Inhalt nicht durch Spin zu beeinflussen sind, an dem unliebsame Aussagen nicht einfach unterdrückt werden können, an dem die Vergehen aller öffentlich gemacht werden können, birgt für die machthabenden Eliten schon durch alle Zeiten hindurch eine uneinschätzbare Gefahr, die es aus deren Sicht zu zähmen gilt.
Doch hat die Geschichte auch gezeigt, das sich Ideen nicht bezwingen lassen. Es dauert, es mag Rückschläge geben. Doch die Idee einer freien Kommunikation wird (abgesehen vom technischen Tod des gesamten Netzes) überleben.
Andererseits bestehen im Netz gefahren, für die es eine geänderte (Aus-)Bildung der Kinder und der kommenden Generationen bedarf. Auch eine gewisse, dem Schutz der Privatsphäre dienende Regulierung kann und sollte hier obligatorisch sein. Doch in genau dieser Richtung argumentieren die Eliten wieder nur mit fehlendem Verständnis.
Man wird sehen, was das kommende Jahrzehnt im Hinblick auf eine Netzentwicklung und den politischen Regulierungsdrang bringen wird.
@lothar: Der Begriff „Raum“ hat je nach Kontext und Disziplin unterschiedliche Bedeutung. Das Netz lässt sich sowohl mathematisch wie auch philosophisch als Raum bezeichnen. In der Mathematik ist ein Raum einfach eine mit Struktur versehene Menge von Elementen.
Philosophisch betrachtet kann man „das Netz“ sowohl als absoluten Raum betrachten, also als Behälter, in den man etwas hineintun kann, als auch als relationalen Raum, dessen Struktur durch die Relationen zwischen den Inhalten bestimmt ist.
In der Rechtwissenschaft bezeichnet der Begriff „Raum“ meist einen Rechtsraum, also das Gültigkeitsgebiet einer Rechtsetzung. Hier gibt es in der Tat ein Problem, denn das Netz ist derzeit kein abgegrenzter Rechtsraum. Es gibt aber vielfältige Forderungen, das Recht dahingehend weiterzuentwicken, dass das Netz zu einem eigenständigen Rechtsraum wird. Die obenstehenden Thesen stützen diese Forderungen. Auf nationaler Ebene wird das aber kaum funktionieren.
Vielen Dank, Pavel, dein Beitrag ist dem Anspruch von uns Piraten würdig und bietet dieser fremdschamauslösend gestarteten Diskussion doch tatsächlich handfeste Substanz und die Chance, dass sich aus ihr am Ende etwas Konstruktives entwickelt.
Ist Euch aufgefallen, wie selbstverstaendlich wir uns mit der „Realitaet“, der versuemmelten, fehlerhaften Form der Relativitaet, abgefunden haben? Das Netz ist ein Teil der Arbeit, das wieder in Ordnung zu bringen. Weiteres auf http://www.reinersailer.de
Gruss
R
Bitte um Entschuldigung, habe soeben auch etwas verstuemmelt, liefere hiermit das fehlende t nach.
Nochmals Gruss
R
Regulierung hin, Regulierung her, hier sind keine nennenswerten Widersprüche in den Kommentaren zu finden, nur philosphische Halbgüsse, die sich auf so materielle Dinge wie Räume, in denen ein Rechner steht, beziehen. Gibt es in dieser Gemeinschaft niemand mehr, der eigene und fremde Positionen bezweifelt, wird alles, was der eigenen Position dienlich ist, akzeptiert um des eigenen Gewinnens?
Hier mal ein wenig Widerrede.
Das Netz ist doch eigentlich nur ein Hilfsmittel zur beschleunigten Abwicklung von Transaktionen jeglicher Art? Was wird denn da für ein Hauen und Stechen veranstaltet? Das Netz ist Bestandteil der realen Welt, denn ohne reale Welt und ihrer Gesellschaften gibt es keine digitale Welt. Wenn der Stecker gezogen…
Die Netzwelt wird hier als die künftige Form des Heils beschrieben. Und für dieses Heil kann doch nicht das Recht und das Regelwerk der zu überwindenden Welt gelten. Hab ich schon mal gelesen und gehört. Das war ungefähr so: Für die kommunistische Welt, die nach der kapitalistischen Gesellschaftsform unaufhaltsam diese Welt erobern wird, kann und wird das Rechtssystem und das gesellschaftliche Regelwerk, keine Geltung haben, erst Recht nicht bei der Schaffung dieser schönen neuen Welt. Wie wir alle wissen, waren es die kapitalistischen Regeln, die letztendlich das kommunistische System zu Fall brachten. Hätte man die kapitalistischen Regeln beachtet und für die Erreichung der wohlgemeinten Ziele benutzt, hätte vielleicht die Geschichte anders ausgesehen.
Was ich übrigens bei den Thesen, die wortreich beschreiben, weshalb irgend etwas keine Geltung haben soll und kann, vermisse , ist die Vorstellung wie das Netz geregelt sein könnte. Ohne Regeln wird es nicht gehen. Diese Thesen scheinen mir für eine echte Diskussion viel zu nebulös, wortreich, aber nicht fassbar.
Gruß D
@Doubter: „Ohne Regeln wird es nicht gehen“ ist eine Behauptung ohne jegliche Grundlage, und auf dieser Behauptung baut sich dein ganzer Beitrag auf. Es geht seit 20 Jahren fast komplett ohne Regeln, und bisher war das der Entwicklung nur förderlich.
Seltsamerweise werden (meine Sicht) die Thesen immer besser. Die ersten sind teilweise falsch, schwülstig formuliert, und etwas, das ich bitte keinesfalls als Thesen der Piratenpartei sehen wollen würde:
„Lügen, Propaganda und Vertuschungsversuche sind aus Sicht des Netzes primär Störquellen.“ – übles Gewäsch, als könnte man das Netz nicht prima für Propagandazwecke verwenden. Erst mit dem Netz ist „virales Marketing“ entstanden.
„Die jüngeren Menschen sowie jene, die mit der Zeit gegangen sind“ – warum spielst Du die Jüngeren gegen die Älteren aus? Finde ich völlig unangemessen, diesen Satz.
These 4 find ich gut, wenn auch geschwollen formuliert: „von anderer Natur“.
These 5 find ich auch gut (werde aber nicht in der Wikipedia nachschaun, was „Allmende“ wirklich ist).
Und danach sind alle Thesen aus meiner Sicht völlig wahr und richtig 🙂
Bin ’91 geboren und kenne mich dementsprechend gut aus. Ich sehe es als absolut überflüssig noch weitere Gesetze zu erlassen, was wir haben ist völlig ausreichend. Zu den Thesen kann ich sagen das ich sie voll und ganz teile
Was für eine Soße, sorry. Die Thesen zum Immaterialgütern sind ok, aber der Rest ist entweder Netzseparatismus von 1996 (Barlow), der empirisch heute einfach widerlegt ist, pathetische Heilserwartung, oder in sich widersprüchlich. Beispiele:
These 1: „(…) Im Netz entscheiden sich die Geschicke der materiellen Welt. “ aber gleichzeitig gibt es angeblich keine Probleme durch Aktivitäten im Netz: These 7 „(…) Im Netz geschehen keine Schwerverbrechen.“ Die Möglichkeit zu Obdachlosigkeit und Arrest gibt es aber doch (These 8). Wie nun?
These 3 „(…) Wer nicht im Netz lebt, kann für das Netz keine passenden Regeln machen.“ Warum nicht? Muss man im Knast sitzen, um Regeln für den Strafvollzug zu machen? Muss man Autoersteller oder -fahrer sein, um die StVO zu machen?
These 10: „(…) Das Netz ist die einzige Hoffnung, gemeinsam Lösungen für heute unüberwindlich erscheinende Probleme zu finden und diese Lösungen rechtzeitig weltweit zu verbreiten.“
Aha? Sowas wie Demokratisierung der global governance, zivilgesellschaftliches Engagement, revolutionäre Bewegungen, Bildungsgerechtigkeit etc. braucht es nicht? Ach nee: Das Netz wird schon dafür sorgen, oder wie? Mit so einer Verwchselung der Ebenen kann man auch sagen „Elektrizität die einzige Hoffnung, gemeinsam Lösungen für heute unüberwindlich erscheinende Probleme zu finden und diese Lösungen rechtzeitig weltweit zu verbreiten.“
Insgesamt stimme ich Doubter daher eher zu. Es fehlt vor allem auch die Perspektive, WIE inhaltlich und prozedural das Netz denn nun geregelt werden soll.
Fazit: Für einen persönlichen Blogpost ist das alles okay und kann man so mal in die Diskussion werfen, aber für eine offizielle parteipolitische Linie ist es eher peinlich. Schade.
Liebe Freunde,
wo sind eigentlich auch nur im Ansatz die Belege für Eure kühnen Forderungen? Woraus leitet Ihr sie ab? Aus dem blumigen Geschwafel, welches Ihr Thesen nennt?
Nehmen wir nur mal Eure These 9:
BEHAUPTUNG
„Das Netz verändert die Gesellschaft mit zunehmender Geschwindigkeit und erzeugt Gewinner und Verlierer.“
BEGRÜNDUNG
„Derjenige, dessen Fähigkeiten gefragt sind, oder der sich gefragte Fähigkeiten schnell genug aneignen kann, gehört vielleicht zu den Gewinnern. Für alle anderen bleiben schlecht bezahlte Arbeit und Sozialleistungen. Heute bereits kostet der Lebensunterhalt eines Menschen mehr, als er mit schlecht bezahlter Arbeit verdienen kann. Diese Schere wird sich weiter öffnen. Die richtige Bildung ist für die meisten Menschen die einzige Chance auf gutes Einkommen; doch was ist die richtige Bildung, wenn sich alles verändert?“
KEIN BELEG!
BEHAUPTUNG
„Nur eines ist bereits gewiss: Das Netz wird zukünftig das wichtigste Mittel für Bildung sein, und Kompetenz im Umgang damit zugleich der wichtigste Zweck.“
KEINE BEGRÜNDUNG, KEIN BELEG!
„Unser Bildungssystem ist dem nicht gewachsen und versagt.“
BEHAUPTUNG
„Dass Schüler mehr Netzkompetenz haben als ihre Lehrer, ist keine vorübergehende Kuriosität mehr. Es ist eine dramatische Katastrophe.“
KEINE BEGRÜNDUNG, KEIN BELEG!
Es sieht mir so aus, als hättet Ihr krampfhaft, wirklich krampfhaft versucht, in dieser These, die eigentlich heißen sollte: „Das Versagen des Bildungssystems spaltet unsere Gesellschaft“, das Wörtchen „Netz“ unterzubringen. Aber Thesen muss man leider auch beweisen! Und ich sehe hier nicht den Hauch eines Beweises. Allgemeinplätze und scheinbar gesichertes Alltagswissen reichen für den Stammtisch. Oh ja, und wenn Ihr meint, ich hätte Eure Argumentationslinie nicht verstanden, dann hättet Ihr sie anders schreiben müssen.
@Psycho: „Bin ‘91 geboren und kenne mich dementsprechend gut aus.“ – Oha. Ist es nicht vielleicht jene Hybris, die „Netzbürgern“ zu Eigen ist, wenn es um Problemlösungskompetenzen geht?
Ich sehe im Text auch viele Allgemeinplätze und geradezu Frechheiten verankert, wie bspw. „Wem die Fähigkeiten fehlen, sich im Netz zu bewegen, ist in der neuen Welt ein Behinderter, dem Hilfe zuteil werden muss.“
Hallelujah, mir fallen jede Menge Leute um die 50 ein, die sich vielleicht nicht im Netz bewegen können, wie unser 91er Jahrgang von weiter oben, die aber erstklassige Kompetenzen aufweisen, sei es Häuser bauen, Unternehmen führen, Leute zusammenflicken. Jeder von diesen Menschen ist im Sinne der Definition „behindert“, nur merkt er nichts davon. Auch ohne Netz „partizipiert“ er im besten Sinne (Medien, Kultur, Gesellschaft, Sport, … vielleicht sogar nachhaltiger als mancher „Onliner“?), kommuniziert, bildet sich und verdient ordentliches Geld. Ohne seine „offline“-Tätigkeit mangelt es unserer Gesellschaft am Grundlegenden – aber er ist behindert, weil er nicht jene Entfaltungsform zelebriert, die „Netzbürger“ ausmacht?
Wer Thesen wie jene zu Papier bringt, dem sitzen Scheuklappen auf, aber gewaltige. Er ist ebensowenig befähigt, zum Ausdruck zu bringen, was den Großteil der Netznutzer ausmacht, wie die von ihm kritisierten Politiker. Leben ist das, was draußen stattfindet, während ein homogener „Raum“ mit eindimensionalen Thesen zusammenfabuliert wird.
Hallo,
ich muss sagen, mir gefällt die Idee, eine Art Netzgesellschaft auszurufen eigentlich gut.
Andererseits denke ich, ist es kontraproduktiv dies zu Nutzen um eine Spaltung der „realen Welt“ und der „Netzwelt“ zu schaffen.
Beide sind miteinander untrennbar verwoben und es ist in meinen Augen nicht zweckdienlich hier Separatismus zu betreiben.
Das Netz braucht, wenn es sich um eine Gesellschaftsform handeln soll, Regeln, denn es wird sich sicher nicht selbst regeln. So funktioniert es nicht.
Ich würde lieber von einer modernen, vernetzten Gesellschaft sprechen, statt dem Netz die Bedeutung einer neuen, für sich stehenden Gesellschaft zu geben. Denn das ist genau die Argumentation, die Schwierigkeiten machen wird, wenn es heißt, alle, die nicht „dabei“ sind, sind „draussen“ und dürfen nicht mitreden oder mitentscheiden. Das geht nicht, denn das verstößt gegen den Gleichheitssatz der immer wieder gefordert wird.
Ich habe viele Punkte in den Thesen gefunden, die mir gefallen, allerdings muss ich sagen, ich bin teilweise mit den Formulierungen und der Arroganz nicht einverstanden.
Ich glaube einfach, um vernünftige „Netzpolitik“ zu fordern und zu praktizieren muss es möglich sein, eine Argumentation zu finden die die Symbiose aus „real Life“ und „Netz“ abdeckt und nicht versucht hier eine Spaltung zu betreiben.
Die Thesen sind eine ganz nette, lutheranische Idee, sind aber in meinen Augen zu unausgegoren und unüberlegt dahergeschrieben und sicherlich in vielen Punkten deutlich Verbesserungswürdig. Ansosnten ganz nett. 😉
“Dass Schüler mehr Netzkompetenz haben als ihre Lehrer, ist keine vorübergehende Kuriosität mehr. Es ist eine dramatische Katastrophe.”
Wenn dem so ist, sollten diese Lehrer eine Chance bekommen. Auch wenn die Schüler mehr Netzkompetenz haben sollten, sind sie oftmals gar nicht in der Lage, sie qualitativ weitergehender als die obigen Thesen strukturell zu beschreiben.
Was passiert eigentlich, wenn ein netzmäßig Nichtbehinderter auf Leistungen so genannter Behinderter angewiesen (Operation im Krkhs.)ist? Wird er ihn gering schätzen, verachten? Wird er auf die Leistung eines Behinderten verzichtet um seinen philosophischen Ansätzen treu zu bleiben?
Wie wäre es mit dieser These: wer drinnen ist, ist draußen. Wer die Netzwelt als heiligen Gral der Zukunft postuliert und beinahe die Berechtigung der “alten” Welt und das Wahrnehmen von Rechten dieser, die alles erst ermöglicht, abspricht, kann aus dieser alten Welt keinerlei Leistung verlangen, auch keine Rechtsansprüche. Wer sich außerhalb der alten Gesellschaft wähnt, muss draußen bleiben. Nette These, nicht war? Und ebenso getunnelt wie die Aussagen der obigen Thesen. Im übrigen sind diese nebulösen Formulierungen keinesfalls Thesen, dazu reicht der Ansatz nicht.
Wichtig scheint mir die Einsicht, sorry, meine Einsicht, dass beide Welten, wie oben schon erwähnt, gar nicht mehr trennbar sind. Dazu sind die “alte” Welt und ihre Vernetzung mit dem Netz und seinen Möglichkeiten viel zu sehr vorangeschritten. Es ist eine Mähr anzunehmen, dass die Alten aus Politik und Gesellschaft nicht um die Möglichkeiten des Netzes wissen. Gleichwohl scheint mir aber bei den Alten auch die Einsicht vorhanden zu sein, dass eine Münze immer zwei Seiten hat. Und diese müssen im Einklang zu einander gebracht werden.
Gruß
D
Kritik an der Kostenloskultur
Kostenloskultur ist entweder nur eine Illusion (A) oder es wäre eine radikale Umwälzung (B) nötig, für die es jedoch keinen erkennbaren Grund gibt.
(A)
Etwas kostenlos im Netz anzubieten bedeutet das der Anbieter dazu in der Lage sein muß, er muß also zuerst einmal soviel verdienen um seine normalen Lebensbedürfnisse zu decken (Wohnung, Essen,. Kleidung,…) um anschließend noch ein bisschen zusätzlich zu verdienen um seine Netzkosten, die ihm bei der Zurverfügungstellung kostenloser Inhalte entstehen zu decken, das kann Geld, das kann aber auch Zeit sein.
Letztlich ist das also ‚Verschiebebahnhof‘, denn ich muß es mir schlicht leisten können Zeit und/oder Geld in kostenlose Webinhalte zu investieren.
Viele werden jetzt sagen das die Aufwendungen eher gering sind, das mag zwar für den Einzelnen so sein, aber bei seriöser Gesamtrechnung für alle Bürger stimmt das nicht, denn niemand kann darauf verzichten notwendige materielle Bedürfnisse zu decken und niemandes Zeit kann deshalb kostenlos sein.
(B)
ES wäre natürlich irgendwo möglich tatsächlich eine Kostenloskultur in Netz durchzusetzen wenn der politische Wille bestünde diese im volkswirtschaftlichen Gesamtmaßstab quer zu subventionieren, wobei Art und WEise der Finanzierung/Subventionierung hier zunächst ohne Belang sind.
WArum aber sollte gerade das Netz zu einer Kostenloszone werden, genauso gut könnte man es auch zum politischen Ziel machen die Landwirtschaft komplett kostenlos zu machen oder die Industrie oder was auch immer?
Was ist sie eigentlich, die „Netzkompetenz“ der Schüler? Die hinreichende Kenntnis diverser Tools, die Mitgliedschaft in ein paar Foren und sozialen Netzwerken, die Fähigkeit, irgendwo einen Rapidshare-Link aufzutreiben? Sind die Schüler durch ihre „Netz-Sozialisation“ in irgendeiner Form befähigt, kompetenter mit dargestellten Sachverhalten umzugehen, Urheber und Intention kritisch zu hinterfragen? Ich denke nein. Wer bisher bloßer stumpfer Konsument war, wird dies auch im 21. Jahrhundert bleiben, unabhängig vom Medium. Wer bisher seine Möglickeiten ausgeschöpft hat, wird das weiterhin tun. Die Bildungsexplosion, die dem Internet immer zugesprochen wird (wenn doch die Informationen frei wären), wäre jetzt möglich. Nur wollen die Menschen offenbar nicht.
Ich denke mit Netzkompetenz ist eher eine Art von Gewandheit im Umgang mit diesem Medium gemeint.
Nichtsdestotrotz ist dieser Terminus in meinen Augen schlecht gewählt, denn es geht hier nicht um eine Kompetenz im tieferen Sinn, der meint nämlich auch die Veranwortung im Umgang damit und das wage ich in dem Beispiel zu bezweifeln.
Die alleinige Tatsache, dass ich ein Gerät bedienen kann, läßt noch keinen Rückschluss zu, dass ich das auch in verantwortungsvollem Sinne tue.
Aber ich bin doch auch der Meinung, dass in der Vernetzung der Gesellschaften ein großer Schatz liegt, der jedoch noch zu heben ist.
Die „Netzbewohner“ müssen sich mit genausolchem Respekt gegenüber den „Alten“ verhalten wie auch umgekehrt. Beide können voneinander nur lernen. Die einen, die Realität nicht allzusehr zu virtualisieren und sich auf eine körperlose Gesellschaft versteifen, die anderen den guten und sicheren Umgang mit dem „Netz“ zu lernen.
Auf die „Kostenloskultur“ möchte ich nicht weiter eingehen, da es hier noch zu viele Ungereimtheiten gibt. Sicher ist, es wird neue Konzepte geben und brauchen, wie das aussehen mag, kann ich mir noch nicht richtig vorstellen, ich hoffe jedoch auf gute und solide Innovationen auf diesem Gebiet.
Wer die virtuell Welt von der Realen trennt begeht in meinen Augen einen folgeschweren Fehler. Denn das die eine Seite ohne die andere nicht funtkioniert ist ein Faktum. Mitlerweile würde die reale Welt jedoch ohne den virtuellen Anteil genauso untergehen.
Ich denke das Ziel kann nur eine Symbiose aus beiden sein. Eine Verschmelzung auf ideologischer Eben ohne Scheu der Chancen die diese parat hält. Ich denke im Grunde sind wir auf einem ganz guten Weg.
Es ist nur sinnvoll, wenn versucht wird, Dogmatisierungen aus dem Weg zu gehen und mit aufklärerischer Stimme der Vernunft zu einem Konsens zu kommen.
Vorurteile wie „rechtsfreier Raum“, „Netzgesellschaft“ und deren Trennung von der realen Welt scheinen mir Sackgassen zu sein, da diese Ansichten und Argumentationswege in eine Diskussionspirale ohne Ausweg fürhren.
Warum sollte man die Netzopposition denn ausschließen? Warum sollte man das reale Leben dem des Netzlebens weiter entfremden. Es ist doch ein und das gleiche, das eine ist Bestandteil des anderen. Ich sitze an meiner Tastatur und bediene ein Medium, dass es mir ermöglicht mit der sogenannten „Netzwelt“ in verbindung zu treten, wo ist da die Trennlinie? Ich bin es doch, der in der „Realität“ schreibt um in der „Virtualität“ etwas zu sagen….da bedarf es keiner schizophrenisierung meiner Persönlichkeit in eine Netz- und eine Realpersönlichkeit, denn es ist ein und derselbe Mensch.
Genauso funktioniert es meiner Meinung nach. Eine Trennung hat nur zur Folge, dass ich neue Regeln aufstellen muss. Die Regeln des realen Lebens sind aber die gleichen der Netzwelt.
Wenn ich illegale Aktionen begehe, muss ich damit rechnen verfolgt und bestraft zu werden. Wenn ich mich assozial verhalte muss ich damit rechnen geächtet zu werden, in dieser und jeder anderen Welt.
Genauso sehe ich aber auch das Recht auf Privatsphäre, im Hier und Dort ! Repressalien oder Kontrollversuche, die über das Maß der realen Welt hinausgehen können nicht die Konsequenz der Angst vor etwas nicht kontrollierbarem sein.
Wenn der Freiraum aufgrund eines übersteigerten Sicherheitswunsches so stark eingeschränkt wird, dass die persönliche Entfaltung darunter leidet, ist das falsch.
Genauso falsch ist es, anzunehmen, dass im Netz die Zukunft der Welt geregelt wird und sich das Netz von gar selbst regelt. So verantwortungsvoll ist werde die reale noch die virtuell Welt.
Es gibt keinen Netzbürger, es gibt lediglich Menschen die eine mehr oder weniger ausgeprägte Affinität zu diesem Medium haben. Ich finde man sollte sehr vorsichtig sein, wenn es darum geht eine „neue“ Gesellschaft auszurufen, deren Grundlage ein Medium ist, dass untrennbar mit der schon vorhandenen Gesellschaft verquickt ist.
Also liebe Netz und Erdenbürger, man darf gespannt sein was da kommt. Als Nutzer der frühen Stunden der virtuellen Welt hoffe ich nur, dass die Arroganz der Netzbürger die der Weltbürger nicht derart kompromitiert, dass ein Konsens immer schwerer wird.
Das Netz wie es jetzt ist, ist in meinen Augen eine feine Sache. Die Anonymität ist ein wichtiger Bestandteil, im Hier und im Dort, diese gilt es zu bewahren und nicht zu zu zerstören.
Punkt 7 ist völliger Unsinn.
Das ergäbe nur dann einen Sinn, wenn Internet und Realität völlig voneinander getrennt wären.
Sind sie aber nicht.
Das iNternet ist der für viele Täter wunderbar nutzbare Anfangspunkt für ihre Straftaten.
Pädosexuelle bahnen ihre künftigen Treffen IM NETZ an, nicht in der Realität.
Da ist es unverantwortlich, tumb zu notieren „man kann Menschen treffen, ohne sich der Gefahr von Übergriffen auszusetzen“.
Danke für den Beitrag. Einiges ist ziemlich diskussionswürdig, aber im Kern wichtig und richtig. Und vor allem eine gute Ausgangsbasis für weitere Diskussionen. Hoffe, dass diese auch an den richtigen Stellen geführt wird und die Ignoranz so manches Zuständigen dadurch aufgeweicht wird.
@Bronski:
Vergessen sollte man aber auch nicht, dass diese speziellen Täter ihre Taten nicht im Internet verüben. Geplant werden können solche Taten auch fernab des Internets: Post, Telefon, persönliche Treffen.
Ich denke, es ist falsch anzunehmen, durch eine maximal restriktive Internetschutzpolitik hier diesen Taten einen Riegel vorzuschieben. Sicher ist aber auch, dass bestimmte Foren u.ä. Subnetzwerke bei Bedarf und Tatverdacht beobachtet werden müssen.
Letztendlich darf es aber nicht zu einer Aufweichung der Privatsphäre aller führen.
Ich bin mir bewußt, dass das Internet mit seiner durchaus diffusen Struktur viele Nischen bietet um solch illegalen Dingen vorschub zu leisten. Dennoch möchte ich zu Vorsicht gemahnen. Wie schnell schießt man über das Ziel hinaus, wie schnell ist ein Preis der Sicherheit erreicht, der teuer mit der Reduktion der Möglichkeit zur freien Persönlichkeitsentfaltung verknüpft ist.
Es ist kein einfaches Problem, dass ist es aber in der Realität auch nicht. Das würde bedeuten, dass es in der Realität weniger Verbrechen gibt, was ja eindeutig nicht so ist.
Sündenböcke sind schnell geschossen und je einfacher und plausibler ein Zusammenhang hergestellt und eine Ursache präsentiert wird (Bsp.: Killerspiele und Amokläufe, Pornographie und sexueller Mißbrauch usw), desto „zufriedener“ ist die Zielgruppe. Aber was wenn sich der gewünscht Erfolg nicht einstellt. Was wenn elektronische Medien zur Überwachung der Bevölkerung (der unschuldigen) pervertiert werden?
Das Internet wird gerne plakativ dafür benutzt als Ursache für kriminelle Machenschaften herzuhalten, aber ist das auch wirklich so? Ist es Sinnvoll deswegen den gesamten E-Mailverkehr zu durchleuchten?
Was ist mit Selbsthilfegruppen deren Foren plötzlich ins Visier von Fahndungen geraten. Wie können völlig arglose Menschen sich frei und unbescholten Bewegen?
Die Argumentation die häufig angeführt wird :“ Wer nichts zu verbergen hat, braucht sich auch nicht zu ängstigen“ ist in meinen Augen sehr gefährlich. Denn seien wir doch mal ehrlich, welcher Mensch hat denn nichts zu verbergen bzw möchte alles ungefiltert von sich preisgegeben wissen.
Es gibt die Unschuldsvermutung, die bis zu dem Zeitpunkt gilt, bis eine Schuld bewiesen ist. Das ist sicher ein schwacher bzw kein Trost für die Opfer, aber es ist auch die Grundlage unserer freien demokratischen Gesellschaft, die uns erlaubt ein friedliches, gutes Leben in einem einigermaßen harmonischen Miteinander zu leben.
Sicherlich sollte die von den sogenannten „Netzbürgern“ nicht heruntergespielt oder gar verhamlost werden. Es ist eine Kompetenz und Verantwortung gefragt, wie sie es ähnlich der Zivilcourage auch im „echten“ Leben gibt.
Wer bei einem Verbrechen nur danebensteht und zuschaut ist genauso schuldig, wie der der im Internet illegale Machenschaften entdeckt und auch dort wegschaut. Es ist also eine „Zivilnetzcourage“ gefragt und ich glaube, dass das noch nicht so ganz angekommen ist.
In einem bin ich mir jedoch ziemlich sicher, es wird sich entwickeln und zwar in die richtige Richtung 🙂